Heizungskonzept der evangelischen Kirche in Stockstadt
Vorwort: Wärmebedarf und Energiebedarf in Deutschland
Da in Deutschland der Wärmebedarf mehr als doppelt so hoch ist wie der Strombedarf, dabei aber nur halb soviel durch regenerative Energien ersetzt werden soll, muss dieses Ziel verändert werden. Dem Wärmebedarf gehört eine größere Beachtung!
100% des Wärmebedarfes können durch regenerative Energien und die Nutzung von Abwärme gedeckt werden. Sämtliche Gas-Brennwertthermen, Öl-Niedertemperatur-heizungen und Holz-Pellet-Öfen in Deutschland sind überflüssig.
Was wir brauchen ist ein Wärmenetz, das die Abwärme und regenerative Wärme zum Verbraucher bringt.
Der jährliche Bruttostrombedarf in der Bundesrepublik Deutschland beträgt 620 TWh. Der Bruttowärmebedarf beträgt 1.400 TWh im Jahr. Allein 888 TWh werden für Raumwärme und Warmwasser in den Haushalten benötigt.
Die industrielle Abwärme beträgt 685 TWh. Das ist 77% der benötigten Raumwärme und dem Warmwasserbedarf. Weitere 80 TWh können aus dem Energieinhalt im Abwasser gewonnen werden. Das sind weitere 9% der benötigten Wärme.
86% des aktuell benötigten Wärmebedarfes lässt sich somit aus Abwärme ersetzen.
Stand der Technik
Wenn man solarthermische Großanlagen in ein Wärmeverbundnetz einspeisen lässt, können regenerativ weitere 10%, das entspricht 140 Milliarden Kilowattstunden (=140 TWh), erzeugt werden.
Die erforderliche Kollektorfläche von etwa 360 km² (etwa o,1% der Fläche Deutschlands) kostet derzeit 200 Milliarden € und würde 30 Millionen Tonnen CO2 jährlich sparen.
Die von der Bundesregierung nach der Katastrophe von Fukushima beschlossene Energiewende umfasst neben dem endgültigen Ausstieg aus der Atomkraft im Jahre 2022 auch den Ausbau von Effizienztechnologien und erneuerbaren Energien. Die Kraft-Wärme-Kopplung – kurz KWK – ist eine Effizienztechnologie mit besonders großem Potential, da bei ihr die mit der Stromerzeugung anfallende Wärme sinnvoll genutzt wird. Gegenüber der konventionellen Strom- und Wärmeerzeugung in getrennten Anlagen reduzieren erdgasbetriebene KWK Anlagen in der Regel Blockheizkraftwerke (BHKW) genannt, den Primärenergieverbrauch um bis zu 25% und die C02 Emissionen um ein Drittel. Deshalb soll auch der KWK Anteil an der Stromerzeugung sukzessive ausgebaut werden.
Fern- und Nahwärme:
Dem Thema Fern- und Nahwärme wird in der Bundesrepublik zu wenig Beachtung geschenkt. Im Gegensatz zu unseren Nachbarn in Norwegen, Dänemark, Schweiz und Österreich ist Deutschland ein Entwicklungsland. In Österreich werden bereits heute mehr als 22% der Wohnungen mit Fern- und Nahwärme versorgt. Die jährlichen Zubauraten sollen bei 92 km Netz (Trassenmeter bestehend aus Vor- und Rücklauf) liegen. Dieser steigende Ausbau ist ein Indikator für vermehrtes Klimabewusstsein.
Fernwärme hat aber auch das Potential, einen Beitrag zum Lastenausgleich zur Bewältigung von Produktionsspitzen von Wind- und Sonnenenergie zu leisten.
Das bevorzugte Thema der österreichischen Fernwärmeforschung liegt in der dezentralen Einspeisung in Wärmenetzen, da es eine besondere technische Herausforderung darstellt.
Mit Forschungsprogrammen wie e!Mission.at und Smart Cities Demo wurden mehr als 32 Forschungsprojekte mit Förderungen in Höhe größer 7,6 Millionen € unterstützt.
Die Ergebnisse reichen von der Entwicklung neuartiger Planungskonzepte sowie der Erprobung innovativer Einzelkomponenten bis zur Optimierung des Gesamtsystems.
Heizungskonzept der evangelischen Kirche in Stockstadt
In der evangelischen Kirche in Stockstadt befindet sich eine abgängige Gasbrennwerttherme.
Auch in den benachbarten Gebäuden (altes Schulhaus in der Kirchstraße, Neubau der Insel Kühkopfschule, Container Schule auf dem Marktplatz, Diakoniestation, Gemeindehaus, Pfarrhaus, altes Rathaus, von der Gemeinde angemietete ehemalige Volksbank, alte Hofreite) sind kleine Einzelheizungen verbaut.
Ein Transformationsplan zur Entkarbonisierung der Gebäude im Eigentum der evangelischen Kirche, dem Schulamt des Kreises Groß-Gerau und der Gemeinde Stockstadt setzt ein kleines Wärmequartier voraus.
Dabei werden die 9 Einzelheizungen durch Plattenwärmetauscher ersetzt.
Die Plattenwärmetauscher werden aus einer zentralen Technikzentrale mit Heizwasser versorgt.
Mit dem zentral für alle Gebäude erzeugten Heizwasser wird in der Kirche die Lüftungsanlage mit Wärme erzeugt. Dort wird allerdings eine Dezentralisierung der Lufteinblaseöffnungen durchgeführt.
Die Vorteile eines solchen Systems sind vielfältig.
Die derzeitigen hohen Luftgeschwindigkeiten der erwärmten Luft im Bereich des Altars sind störend. Außerdem ist bei einer Dezentralisierung auch die Erwärmung von Teilbereichen und unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten des Kirchenraumes möglich.
Da um die Stockstädter Kirche keine Freiflächen im Eigentum der EKHN (Evangelische Kirche in Hessen und Nassau) zur Bebauung einer regenerativen Heiztechnik zur Verfügung stehen und auch die kleine Kammer, die aktuell die Brennwerttherme beherbergt ungeeignet ist, wird empfohlen die Kirche an eine bestehende Heizung in direkter Nachbarschaft hydraulisch anzubinden. Hier bieten sich die Schulgebäude des Kreises Groß-Gerau als auch die Freiflächen der Gemeinde Stockstadt (altes Rathaus in der Rheinstraße, neues Rathaus an der alten Hofreite oder das Übergangsrathaus der alten Volksbank) an.
Eine Einigung zur Zusammenarbeit der drei Betreiber der Einzelversorgungen steht noch aus.